Wie sieht eigentlich Konzentration beim Hund aus?
Gar nicht so einfach, oder?
Im Ethogramm ( das ist der Verhaltenskatalog) ist Konzentration nicht beschrieben. Und so kommt es immer wieder dazu, dass wir eine hohe Motivation mit Konzentration gleichsetzen.
Ein aufgeregt freudig wuselnder Hund möchte vielleicht gern lernen, ein Problem zu lösen und zu verstehen. Aber ist es einfach zu lernen, wenn man aufgeregt ist?
Ja und nein.
Emotionale Beteiligung macht, dass Situationen und Informationen besser gemerkt werden. Es ist also besser herauszufinden, was den eigenen Hund emotional antickt, um ihn zu bremsen, oder um ihn dazu zu bringen, etwas erreichen zu wollen. Pauschal zu behaupten, Hunde würden durch dieses oder jenes Lob oder Strafe besser oder schlechter lernen ist also Käse.
Apropos Käse: Nicht immer ist Futter etwas, das ausreichende emotionale Reaktionen hervorruft. Ein soziales Lebewesen wird oft viel mehr über soziale Antworten berührt als durch austauschbare Gegenstände wie Spielzeug oder Futter.
Ja, darf man natürlich trotzdem auch verwenden, keine Sorge. ;)
Aber wer es sich einfach machen möchte, der baut auf echte Freude, Lächeln, authentisches Miterleben von Erfolgen und deutliche Vermittlung davon, was einem nicht gefällt.
Emotionen rocken also und dürfen als hochwertiges Lob, Verstärkung und auch Unterbrechung angesehen werden.
Gleichzeitig gibt es Momente, in denen der Hund wirklich tüfteln muss und es im Köpfchen rattert.
Insbesondere da, wo er lernen soll, sich anders zu verhalten, als es eigentlich dem eigenen Denken entspringt. Ein Hund, der zum Beispiel gern eklige Sachen vom Boden frisst, weiß nicht, warum er das lassen sollte. Aus seiner Sicht ist es völlig sinnlos das nicht zu tun, denn es ist lecker für ihn, selbstbelohnend und eine tolle Gelegenheit, die sich da bietet.
Als Mensch möchte ich nun, dass er versteht, dass ich es trotzdem nicht will. Egal, wie lecker es ihm erscheint. Da muss der Hund aber ganz schön nachdenken und sich während des Übens sehr konzentrieren, um sich zusammenzureißen. Enthemmung und Partystimmung machen es schwer, sich zusammenzunehmen und sich etwas zu verkneifen.
Also konzentriert sich der Hund darauf, dem Anspruch des Menschen nachzukommen. Und da sieht er dann genauso aus wie ein Mensch, der grade ein echtes Problem löst und konzentriert eine Lösung findet: Ruhig, statisch und etwas angespannt. Die Bewegungen werden immer langsamer oder frieren sogar gänzlich ein. Das Gesicht sieht fast etwas missmutig aus, die Stirn heruntergezogen, der Blick ins Leere gerichtet. Ein Nachdenkgesicht.
Wir kennen das, wenn uns jemand in so einem Moment fragt, ob wir schlechte Laune haben – dabei denken wir nur angestrengt nach.
Dieses angestrengte Denken ist zwar etwas hölzern und angespannt, aber es bringt schnelle und gut durchdachte Lösungen. Das Stirnhirn arbeitet auf Hochtouren. Es ist für das Abwägen von langfristigen Konsequenzen und vernünftigen Handlungsoptionen zuständig.
Die Emotionalität lässt nach, und es wird ganz trocken gerechnet.
In diesem Moment ist es gut Zeit zu haben, um den Prozess ohne Ablenkung und ohne Emotionen durchleben zu können. Erst denken, dann eine Lösung finden und erkennen, dass sie die Richtige ist und dann erst zurück in die Emotion und die Freude darüber, es geschafft zu haben.
Schade, wenn der Mensch diesen Zustand des denkenden Hundes nicht ertragen kann und ihm ständig dazwischenredet, damit der vermeintlich arme Hund besser gelaunt aussieht. Schwups, Konzentration weg.
Konzentration sieht eher verklemmt und unwohl aus, aber völlig anders als Angst und anders als Demut. Die Rute ist ganz lang nach unten gestreckt und fast wie mit einem daran hängenden Gewicht heruntergezogen. Der Kopf hängt eher, der Hund steht etwas krampfig da und hat eben ein Denkgesicht. Der Hund bleibt bei der Sache und ist fokussiert, entweder in sich selbst gerichtet, oder wenn es um etwas im Außen geht, dann darauf gerichtet.
Für einen Laien sieht das ähnlich aus wie Angst oder Unwohlsein und genau so wird es dann oft fehlinterpretiert.
Je mehr der Hund die nach innen gerichtete Konzentration zeigt, also nicht ein bestimmtes Objekt fixiert, sondern die Außenreize eher ausblendet, desto eher wird sie mit Angst verwechselt.
Klar, wer will schon, dass es dem Hund schlecht geht? Und schon wird es vermieden, dass der Hund sich konzentrieren darf und nur in höchster Emotionslage trainiert.
Klar, dass da einige Dinge, die einfach Konzentration brauchen, nie richtig gelernt werden oder sich im Prozess hinziehen wie Kaugummi.
Mehr Langsamkeit, Ruhe, und zugelassener Ausdruck von Konzentration beim Hund können dann helfen.
Die eigene Konzentration erhöhen, stiller, langsamer und genauer werden, ist gutes Vorbild und hilfreiche Anleitung in einem.
Und wenn man selber schön konzentriert hinschaut, dann sieht man auch besser, was der Hund da zeigt und ob es etwas Gutes und Hilfreiches ist oder nicht.