Gibt es die richtige Erziehung?

Lernen wir doch mal die drei Erziehungsstile kennen, die es so gibt. Hereinspaziert:

Guten Tag autoritäre Erziehung!
Die autoritäre Erziehung gilt als veraltet. Sie sorgt zwar für ein hohes Maß an Anpassung, aber nicht für ein seelisches Wohlbefinden und auch nicht für eine gesunde Entfaltung der individuellen Persönlichkeit.
Autoritäre Erziehung bedeutet, dass ausschließlich auf strenges Einhalten von Regeln bestanden wird und deren Missachtung hart geahndet wird.
Diese Regeln können willkürlich und unflexibel sein, man muss das so, weil man das halt so muss. Immer. Ohne Abwägen der Sinnhaftigkeit.
Die eigenen Interessen des Hundes und seine Persönlichkeit werden dabei übergangen und auf Eigenheiten und Besonderheiten keinerlei Rücksicht genommen.
Bei der autoritären Erziehung geht es hauptsächlich um Statusabfragen des Erziehenden.
Wer hat das Sagen? Wer nimmt wen ernst? Wer muss sich unterordnen? Und wer darf die eigenen Interessen durchsetzen - einfach, weil er oder sie stärker ist? Oder weil sie oder er den Haustürschlüssel benützen kann, der Hund aber nicht?

Die autoritäre Kinder-Erziehung war vor den 60er Jahren der vorherrschende Erziehungsstil. Sie wird heute von Wissenschaftler*innen, die zu dem Thema forschen, als unpassend und kontraproduktiv abgelehnt.
Für Hunde dürfen wir also ebenfalls davon loslassen. Das ist keine Frage der persönlichen Meinung, ob das irgendwem schadet – es ists wissenschaftlich belegt: autoritäte Erziehung ist eine schlechte Art zu erziehen. Punkt.
Wer autoritär erzieht, hält sich vielleicht für stark und mächtig, ist es aber nicht. Denn er/sie versucht Respekt zu erzwingen, anstatt ihn sich zu verdienen.
Also weg mit dem ganzen Getue, als sei der Hund ein Soldat, der funktionieren muss. Weg mit dem „Herr und Meister“ Gedanken, Starkzwang und Untergrabung der Bedürfnisse des Hundes.
Tschüss, autoritäre Erziehung! Du warst noch nie sinnvoll und es wird Zeit, dass wir uns endgültig von Dir verabschieden.

Und da kommt auch schon der nächste:

Hallo antiautoritäre Erziehung!
Zu ihr gehören die Formen der Erziehung, die Regeln und Grenzen versuchen, möglichst weg zu lassen. Dem Hund sollen idealerweise keinerlei negative Konsequenzen für sein Handeln zugemutet werden.
Das Bedürfnis des Hundes wird - wann immer es möglich ist - vor alle anderen Bedürfnisse gestellt und eine Anpassung des Hundes an gewisse Verhaltensregeln wird, wenn überhaupt, nur durch Vermeidung der Situation hergestellt, aber nie eingefordert. Sein Verhalten wird nicht angezweifelt, kritisiert oder eingeschränkt. Seine Entfaltung steht ohne Rücksicht auf Verluste im Vordergrund.
Die antiautoritäre Erziehung lässt nur Ablenkung und Umlenkung zu, um nichts verbieten zu müssen. Es wird auf selbständige Einsicht oder zufälliges Richtigmachen gehofft. Man versucht, über reines Lob das Verhalten zu beeinflussen. Der Mensch erwartet nichts von seinem Hund, sieht sich aber als Zuständigen, dem Hund alle Wünsche zu erfüllen. Wenn das nicht geht, will er zumindest andere Wünsche erschaffen, um diese dann erfüllen zu können und damit vom ursprünglichen Wunsch des Hundes abzulenken.
Diese Form der Erziehung hatte eine kurze Episode in unserer Menschengeschichte während der 70ger Jahre. Schnell erwies sich, dass dieser Versuch ein Gegengewicht zu der unterdrückenden autoritären Erziehung weder funktioniert, noch glücklichere Menschen macht. Tatsächlich weiß man heute, dass sogar das Gegenteil der Fall ist.
Das überfürsorgliche Verhalten und das Ausbleiben aller negativen Konsequenzen, Stress und Frustration sorgen für unsichere, aufgeregte und eher ängstliche Persönlichkeiten. Die Folgen: antiautoritär aufgewachsene Menschen können sich später schwer anpassen, neigen zu seelischen Unausgeglichenheiten und geraten oft in Konflikte.
Auch die antiautoritäre Erziehung gilt heute als erwiesenermaßen schlecht für zu erziehende Lebewesen und wird ebenfalls von Wissenschaftler*innen abgelehnt.
Wer antiautoritär erzieht, hält sich zwar für den netteren Menschen, ist aber nur daran interessiert, ein Bild von sich selbst und vor sich selbst zu wahren. Er interessiert sich mehr für sein vermeintliches Nettsein als für die realen Bedürfnisse des Hundes.
Also bye bye antiautoritäre Erziehung, deine rosaroten Versuche ohne jede negative Konsequenz zu erziehen sind genauso schlecht wie die vorangegangene Zwangsmethode. Sie erschafft unglückliche, unsichere und unfreie Hunde.

Und damit willkommen autoritative Erziehung!
Autoritative Erziehung ist das, was als der beste Erziehungsstil nach allen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen gilt.
Es ist also vielfach bestätigt der Erziehungsstil, der am effektivsten Verhalten verändert, dabei aber am besten psychisch auf das zu erziehende Lebewesen und sein langfristiges Wohlbefinden einwirkt. Er sorgt für erwachsene Hunde, die selbstsicher, seelisch gesund, gleichzeitig empathisch und rücksichtsvoll mit ihrer Umwelt und ihren eigenen Ressourcen umgehen können.

Also ja, es gibt den perfekten Erziehungsstil!

Hallöchen Du autoritative Erziehung!
Du bist der Erziehungsstil, der gesunde, zufriedene und gleichzeitig höfliche Hunde macht. Du verbindest langfristiges Lebensglück und psychische Gesundheit mit guter Resilienz, gutem Benehmen und eigenständigem Handeln.
Wie machst Du das nur?

Ganz einfach: Die autoritative Erziehung basiert auf zwei Säulen. Sie stellt zwei Dinge auf dieselbe Stufe, keine davon ist wichtiger als die andere, sie funktionieren nur gemeinsam.
Die erste Säule ist die zugewandte, liebevolle Grundeinstellung mit einer hohen Akzeptanz dem Hund gegenüber. Ein grundsätzliches Wohlwollen und für-den-Hund-denken und entscheiden steht im Mittelpunkt.
Erzieherisches Eingreifen geschieht nicht aus Prinzip oder um sich zu profilieren, sondern um dem Hund eine langfristig bessere Zukunft zu gewähren, auch wenn das bedeutet, dass in der Gegenwart Frust oder Stress im moderaten Rahmen ertragen werden muss.
Die zweite Säule ist das angemessene und konsequente Durchsetzen von Regeln und Verboten. Auf unangepasstes Verhalten folgen zuverlässig und einschätzbar negative Konsequenzen ohne die Abwertung der Persönlichkeit und ohne Groll. Und ja, das bedeutet, dass der Hund das nicht gut findet und auch mal kurzfristig so aussieht, als hätte er die Konsequenz auch als negativ erlebt.
Dabei ist hier Strafe aber niemals Rache!
Sie ist nur dazu da, die Fähigkeiten des Hundes für die Zukunft zu verbessern und seine Möglichkeiten selbst und mit anderen zurecht zu kommen zu steigern.
Hält sich der Hund an die wenigen, aber klaren Regeln des Zusammenlebens, dann darf er selbständig handeln und seinem Charakter entsprechend Entscheidungen treffen.
Er genießt Freiheiten, um seine Bedürfnisse zu erfüllen und seine eigenen Interessen zu pflegen.
Bei der autoritativen Erziehung gibt es nur Kritik und Veränderung am Verhalten, nicht am Charakter und dieser wird in seiner Einzigartigkeit akzeptiert, geliebt und gefördert.
Autoritative Erziehung ist nicht nur für Kinder der wissenschaftlich belegbar beste Erziehungsstil, sondern auch für Hunde. Diese sind als soziale Lebewesen zwar keine Kinder, aber Erziehung bleibt immer Erziehung.
Wer autoritativ erzieht, hat es mühsam, denn er/sie muss ständig mitdenken und situativ schnell und gut entscheiden. Muss sich mit dem Wesen seines Hundes auseinandersetzen, selbstreflektiert seine eigenen Emotionen im Griff haben und mit einem durchdachten Plan das Verhalten des Hundes gezielt verändern.
Muss seine Faulheit überwinden, inkonsequent zu sein und seine eigenen Bedürfnisse nach Harmonie zurückstellen, wenn der Hund grade Streit einfordert.
Wer autoritativ erzieht, hat es schwerer, weil es kein schwarz und weiß gibt und weil man sich die Mühe machen muss, Dinge zu hinterfragen - auch die eigenen Gedanken und Ziele.
Aber diese Arbeit lohnt sich, denn diese Erziehung bewirkt am ehesten, was wir uns alle wünschen: Zufriedene, starke und freie Hunde.
Also Hurra autoritative Erziehung! Du bist das Beste, was wir haben und nach Dir sollten wir streben. Du bedienst keine Klischees und keine Ideologien. Du denkst für den Hund und möchtest ihn so kompetent und selbstwirksam wie möglich machen, ihn stärken und fördern, ihn zu einem angenehmen und umgänglichen Sozialpartner machen.
Und Du tust alles, was Du tust, auch wenn es sich um Grenzen und Konsequenzen handelt aus Liebe zum Hund und nicht, um Dein eigenes Ego zu polieren. Danke!
Ein bisschen mehr Aufmerksamkeit auf Dich wäre toll in der Hundewelt, denn Du hast es verdient!

Dieser Text darf gern geteilt werden, solange er nicht geändert, gekürzt oder kopiert wird. Alle Rechte daran verbleiben bei der Autorin Maren Grote.

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