Körperkontakt ist lebensnotwendig
Hunde sind in sozialen Strukturen lebende Wesen. Das heißt: sie brauchen Kommunikation und Kontakt genau so wie die Luft zum Atmen. Das haben sie z.B. mit uns Menschen gemeinsam.
Ohne Körperkontakt in den ersten Lebenswochen entwickeln in sozialen Strukturen lebende Lebewesen wie Menschen (oder Hunde) schwere Defizite, können krank werden oder sogar in Lebensgefahr geraten.
Die Folgen von fehlendem Körperkontakt in der ersten Lebensphase sind gravierend und bleiben lebenslang bestehen.
Na klar, je erwachsener ein Hund ist, desto weniger ist er vielleicht auf den dauernden Körperkontakt angewiesen. Dennoch bleibt auch der erwachsene Hund ein Tier, dass normalerweise in einem Familienverbund lebt und sich dort sehr nahekommt.
Gegenseitige Fellpflege, beieinander liegen und sich wärmen und schützen und freundliche Kontaktaufnahme über gegenseitiges Beschnuppern gehören genauso dazu wie das Anstupsen, Wegknuffen und Rempeln, oder auch mal ein gemeinsames Spiel.
Wir haben mittlerweile so viele Hilfsmittel für das Vermeiden von Körperkontakt gefunden, dass es fast schon dramatisch ist.
Statt Kontaktliegen (Hund und Mensch) gibt es Kuschelkörbchen, die die Wärme und Körper anderer Hunde imitieren.
Statt Rempeln und Abdrängen haben wir Leinen, Geschirre, Halsbänder und andere Hilfsmittel. Sie alle sind toll und sinnvoll und müssen manchmal einfach sein!
Aber sie können auch zum Fluch werden, wenn sie als Ersatz für den Einsatz des Körpers herangezogen werden. Dann geht das Anfassen vollständig verloren hinter der Mauer aus Gegenständen, die wie eine Barriere zwischen uns und dem Hund stehen kann.
Das Zergel, das Futter zur Belohnung, der Clicker, Schleppleine und so weiter und so fort.
Statt zu streicheln wird nur noch gebürstet - wieder ein Gegenstand zwischen Hand und Hund. Und am Ende stehen Kolleg*innen verzweifelt in den Welpengruppen, weil ihre Kund*innen auf die Anweisung, die Welpen mal festzuhalten, gar nicht wissen, was sie tun sollen.
Weil Halsbänder und Geschirre plötzlich zu Henkeln werden, ohne die der Hund unbenutzbar ist.
Weil das Desinteresse am Futterbeutel Menschen, die direkt neben ihrem Hund stehen, glauben lässt, dass sie nun nichts mehr tun können, um den Hund von einer Ablenkung wegzuholen.
Menschen finden Brustwarzen bei ihrem vierjährigen Rüden und landen beim Tierarzt, nachdem sie die vermeintliche Zecke stundenlang versucht haben, mit einer Pinzette zu entfernen. Sie hatten vorher nie den Bauch ihres Hundes befühlt und wahrgenommen, dass auch ein Rüde selbstverständlich Zitzen hat.
Hunde werden beim Groomer abgeholt und auf riesige Hauttumore hingewiesen, die einfach niemand gefunden hat, weil der Hund seit Jahren nur auf dem Kopf getätschelt wird.
Wegschieben, wenn der Hund im Weg steht, wird ersetzt durch in den Gang fliegende Leckerchen. Das Verweigern des Sprungs in den Kofferraum wird genauso gelöst, anstatt den Hund einfach ganz natürlich in den Kofferraum zu schieben.
Wo ist das Anfassen hin? Das Abtasten und Wahrnehmen von Besonderheiten oder Krankheiten? Das Durchsetzen von Dingen, das Liebhaben, Loben und gemeinsame Nähe erleben?
Jetzt haben wir hier schon Hunde ohne Räude und ohne Flöhe, gewaschen und gebürstet, sauber und appetitlich und fassen sie trotzdem immer weniger an.
Wer weiß noch, welche Griffe seinem Hund wirklich weh tun? Also, wer WEISS es und schließt nicht nur von seiner eigenen Vorstellung auf den Hund?
Wer weiß, wie sich ein Hund bewegen kann, wo man ihn halten kann, ohne etwas kaputt zu machen und wo nicht?
Mittlerweile denken so viele Menschen, dass der Hals des Hundes seine empfindlichste Stelle am Körper wäre, was ungefähr das Gegenteil der Realität ist. Es wird vom Menschen auf den Hund geschlossen, der anatomisch völlig anders gebaut ist.
Ich habe Menschen getroffen, die überzeugt waren, dass ein Halsband dem Hund die Wirbel raus reißt und seine Schilddrüse zerstört, während sie ihn daran gehindert haben, eine Katze zu jagen, indem sie ihn am Schwanz festhielten.
Der Zug am Schwanz (also an der direkten Verlängerung der Wirbelsäule) kann im Gegensatz zum Zug an einem der dicksten Muskeln im Körper des Hundes (der Hals) allerdings wirklich schädlich werden.
Ich glaube, dass es hilfreich für alle wäre, mehr Wissen über den Körper von Hunden allgemein zu haben, darüber was ok ist und was nicht. Darüber, wie man seinen eigenen Hund richtig einschätzen kann.
Genau deswegen habe ich das Buch „Hunde fühlen und anleiten“ geschrieben, dass im April erscheinen wird und jetzt schon zu bestellen ist (in allen gängigen Buchläden und online Shops).
Darin geht es dann genau um diese Themen:
• was Berührungen bewirken können,
• wie unterschiedlich sie ausgewertet werden, je nachdem wie sich der Berührende verhält und
• wie wir sie wieder bewusst einsetzen können.
Zum Kontakt aufbauen, Erziehen, Begrenzen, Halt geben und liebevoll miteinander sein.
Ich hätte noch doppelt so viel darüber schreiben können, aber vielleicht gibt es ja irgendwann einen zweiten Teil.
Falls Dich das Thema interessiert, dann kannst Du zum Beispiel hier benachrichtigt werden, wenn das Buch verfügbar ist:
https://www.kosmos.de/de/hunde-fuhlen-und-anleiten_1179178_9783440179178
oder hier gleich das Buch vorbestellen:
https://www.thalia.de/shop/home/artikeldetails/A1068260774